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The Strix Chronicle Anthology $2.99
Publisher: Onyx Path Publishing
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by Roger L. [Featured Reviewer] Date Added: 10/28/2013 03:48:06
Originally posted at: http://www.teilzeithelden.de/201-
3/10/28/rezension-the-strix-chronicle-anthology/

Nach hek­ti­scher Pro­duk­ti­vi­tät in den 90ern und Anfang der 2000er war es in Sachen Fic­tion aus dem Hause White Wolf, von spo­ra­di­schen Ver­öf­fent­li­chun­gen abge­se­hen, lange Zeit sehr ruhig gewor­den. Zwar hat sich das nun nicht grund­le­gend geän­dert. Die „neue“ feder­füh­rende Firma Onyx Path Publis­hing (OPP) hat aller­dings nach län­ge­rer Zeit der Unge­wiss­heit mit einem Publi­ka­ti­ons­mo­dell auf der Basis von Kickstarter-Projekten, E-Books und Print-on-Demand wie­der Tritt gefasst und einen ehr­gei­zi­gen Ver­öf­fent­li­chungs­plan für die Zukunft vor­ge­legt. Darin haben Antho­lo­gien ihren Platz gefun­den, die das Erschei­nen beson­de­ren Hin­ter­grund­ma­te­ri­als der New World of Dar­k­ness begleiten.

Im Novem­ber wird nun für Vam­pire: The Requiem (V:TR) Blood and Smoke: The Strix Chro­ni­cle erwar­tet. Die bis­her als Regel– und Hintergrund-Sandbox aus­ge­stal­tete Requiem-Spielwelt steht damit an der Schwelle einer Art des „Re-Imagining“ in einem spe­zi­el­len Set­ting. Im Zeit­al­ter des E-Publishing sind Gedan­ken an aus­ver­kaufte Auf­la­gen und die erneute Auf­ar­bei­tung in neuen, als Ersatz gedach­ten Edi­tio­nen im Grund­satz nicht zwin­gend; gleich­wohl deu­tet sich an, dass das Buch der Spiel­li­nie mit einer grund­le­gen­den Über­ar­bei­tung und einem in kräf­ti­ge­ren Far­ben gemal­ten Kam­pa­gnen­hin­ter­grund den Weg in die Zukunft weist.

Strix Chro­ni­cle möchte neuere Genre-Facetten auf­greifen und das Vam­pir­bild mehr am „sexy Vam­pir der aktu­el­len Popu­lär­kul­tur“ ori­en­tie­ren, so heißt es. Die deut­lich gestie­gene Stärke der vam­pi­ri­schen Kräfte weckt zwar Erin­ne­run­gen an die „fan­ged super­he­roes“ aus der Mas­ke­rade der 90er. Vom Ton her scheint es sich aller­dings an True Blood und ähn­li­chen moder­nen Inkar­na­tio­nen des Vampir-Themas zu orientieren.

Dem steht eine gespens­ti­sche Bedro­hung aus der geheim­nis­um­wo­be­nen Ver­gan­gen­heit der vam­pi­ri­schen Blut­li­nien gegen­über: die Strix, eulenartig-dämonische Wesen­hei­ten. Um es mit Twin Peaks zu sagen: „Die Eulen sind nicht das, was sie schei­nen!“ Kör­per­lose Geis­ter aus Rauch und Schat­ten bedro­hen die Schat­ten­ge­sell­schaft der Vam­pire und dro­hen, sie mit gestoh­le­nen Kör­pern und all­ge­gen­wär­ti­ger Para­noia von innen her­aus zu zersetzen.

In der spä­te­ren Phase der V:TR–Publi­ka­tio­nen taucht das Spiel tie­fer ins Set­ting ein, stellt es mar­kan­ter als Story dar und wid­met dem Unge­wöhn­li­chen und Phan­tas­ti­schen mehr Auf­merk­sam­keit. Bereits hier haben die Strix ihr gefie­der­tes Haupt erho­ben. Die im anti­ken Rom ange­sie­del­ten Bände Requiem for Rome und Fall of the Cama­rilla wei­sen ihnen eine bedeut­same Rolle in der Geschichte der Vam­pire zu. Night Hor­rors: The wicked Dead schil­dert die Rück­kehr der vam­pi­ri­schen Neme­sis in der Gegenwart.

The Strix Chro­ni­cle Antho­logy berei­tet mit 13 Kurz­ge­schich­ten von Auto­ren aus dem unmit­tel­ba­ren Umfeld der OPP–Spiel­ent­wick­lung das Erschei­nen von Blood and Smoke: The Strix Chro­ni­cle (B&S) vor. Die Antho­lo­gie möchte der Welt, die die Grund­lage von B&S sein wird, Leben ein­hau­chen und V:TR im Schat­ten der Strix zei­gen.

Die Sto­ries

5 bis maxi­mal 20 Sei­ten neh­men sich die Auto­ren, um ent­spre­chend kurze, poin­tierte Hand­lungs­fä­den zu spin­nen. Bei 9 der ins­ge­samt 13 Sto­rys han­delt es sich um Erst­ver­öf­fent­li­chun­gen; die übri­gen 4 sind bereits in älte­ren Quel­len­bü­chern erschienen.

Watching (Orrin Loria), die erste Geschichte des Ban­des, han­delt von exis­ten­ti­el­ler Verunsicherung.

Wer nicht bereits einen Ein­druck davon hat, worum es in der Antho­lo­gie geht, den wird sie wohl irri­tiert zurück­las­sen – der Grund für die Gescheh­nisse bleibt zunächst im Dunkeln.

Die fol­gende Story Notes from a Dead Girl von Chuck Wen­dig war ursprüng­lich über Lords Over the Dam­ned: Ven­true ver­teilt. Sie erzählt, durch­aus geschickt, in andeu­tungs­rei­chen Noti­zen von Intri­gen und Mys­te­rien rund um die Rück­kehr der Strix in der Gegenwart.

Play­ing House (Audrey Whit­man) ist mit wei­te­ren mys­te­riö­sen Ereig­nis­sen gefüllt; auch hier dürfte sich dem unein­ge­weih­ten Leser erst aus spä­te­ren Geschich­ten ihre Bedeu­tung erschließen.

Fading Away von Matthew McFar­land, eine hüb­sche strix– und blut­sau­ger­freie Gru­sel­ge­schichte, stammt aus Mytho­lo­gies. Mei­ner Ansicht nach hätte sie einen schö­nen Ein­stieg in die Antho­lo­gie gebil­det, fin­det sich aber lei­der erst spä­ter im Buch.

In Brea­king the Sur­face (Chuck Wen­dig, aus Fall of the Cama­rilla) erwacht ein ural­ter Vam­pir zwi­schen den Fron­ten der Bünde. Zwar wer­den die Strix erwähnt, im Mit­tel­punkt aber ste­hen inter­es­sante Ein­bli­cke in die kon­fu­sen Geis­tes­wel­ten einer Krea­tur, die lange Zeit in Starre ver­bracht hat.

Four Years, Old John (Greg Stolze) beleuch­tet die Ent­ste­hung der Freund­schaft zwi­schen zwei Haupt­fi­gu­ren der Requiem–Roman­tri­lo­gie, Prinz Max­well und Solo­mon Birch, im Schat­ten der Eulen. Trotz enger Bezüge zu ander­wei­tig ver­öf­fent­lich­tem Mate­rial gelingt es der Geschichte, gut zu unter­hal­ten und mit Leich­tig­keit für sich selbst zu stehen.

Lul­lay, Lul­lay (Jos­hua Alan Doe­tsch), ein wei­te­rer Höhe­punkt der Samm­lung, zeigt inter­es­sante Cha­rak­tere in der bis­her tief­ge­hends­ten Aus­ein­an­der­set­zung mit den Strix. Das Bezie­hungs­ge­flecht in ihrem Zen­trum ver­knüpft die Strix mit jenem per­sön­li­chen Hor­ror, der nahe am Her­zen des Spiel­sys­tems liegt.

Night, Win­ter, Death (Myranda Kalis, aus Anci­ent Mys­te­ries) fängt das all­ge­meine Thema „alter­tüm­li­che Geheim­nisse“ aus zwei par­al­lel geschal­te­ten Erzähl­per­spek­ti­ven stim­mungs­voll ein. Mei­nes Erach­tens hätte auch sie sich als Her­an­füh­rung im Anfangs­be­reich des Buches bes­ser gemacht.

Mar­ple (Wood Ing­ham) ver­setzt die im Mek­het–Clan­buch vor­ge­stellte Fran­ces Black in eine Art vam­pi­ri­sche Kri­mi­nal­ge­schichte. Die kna­ckige, cle­vere Story bin­det zahl­rei­che V:TR–Facet­ten ein; wer die Bücher bis in die Gegen­wart ver­folgt hat, wird daran Spaß haben. Ande­ren aller­dings dürf­ten zahl­rei­che Fra­ge­zei­chen aus den Ohren quellen.

Owl Sign (Joseph Car­ri­ker) bewegt sich dem­ge­gen­über eher in die Rich­tung einer Aben­teu­er­ge­schichte. Unter­halt­sam, aber leicht­her­zig schil­dert sie eine Aus­ein­an­der­set­zung in den Bay­ous des ame­ri­ka­ni­schen Südens.

In Noblesse Oblige von Ben­ja­min Baugh tref­fen wir den schrä­gen, an Par­odie gren­zen­den Count F… Dra­cula wie­der, der eine gra­tis erhält­li­che, lau­nige Auf­ar­bei­tung im Night Hor­rors For­mat erfah­ren hat. Im sel­ben Ton wird dazu eine Vor­ge­schichte geschil­dert, die mir zwar unter­halt­sam, aber inhalts­leer erscheint.

There are no Owls in Seat­tle von Tra­vis Stout läßt sich kaum beschrei­ben, ohne die Pointe vor­weg­zu­neh­men – sagen wir, die Geschichte beschäf­tigt sich mit dras­ti­schen Aus­wir­kun­gen der kaum greif­ba­ren Bedro­hung auf die vam­pi­ri­schen Sozi­al­struk­tu­ren. Sie zeigt sehr anschau­lich, wel­chen Ein­fluss die Strix auf das Set­ting neh­men können.

Second Chance, die finale Story von Eddy Webb, har­mo­niert her­vor­ra­gend mit ihrem Vor­gän­ger. Sie nimmt sich des Haupt­the­mas noch ein­mal in einer ver­wi­ckel­ten, wen­dungs­rei­chen Geschichte an, in der Schei­nen und Sein mehr­fach auseinanderfallen.

Schreib­stil

Der kryp­ti­sche Stil, der WW–Fic­tion in Regel­bü­chern häu­fig kenn­zeich­net, prägt auch fast jede die­ser Geschich­ten. Die für Kurz­ge­schich­ten typi­sche, ein­lei­tungs­freie Kom­pri­mie­rung wird darin auf die Spitze getrie­ben und for­dert dem Leser viel Kon­zen­tra­tion ab.

Inhalt­lich dringt das Buch Schritt für Schritt tie­fer ins Strix–Thema ein. Über die Geschich­ten hin­weg kann der Leser Brot­kru­men zum Thema sam­meln, die sich all­mäh­lich zu einem plas­ti­schen Gesamt­bild zusam­men­fü­gen. Je nach Aus­gangs­punkt und Inter­es­sen­lage mag sich das span­nend oder auch frus­trie­rend gestal­ten. Zwar schei­nen die Sto­rys in ihrer Abfolge teil­weise auf­ein­an­der abge­stimmt zu sein; erst ein­mal ist aber ein holp­ri­ger Ein­stieg zu über­win­den, bevor das Buch an Fahrt gewinnt.

Die zahl­rei­chen Quer­ver­weise in den obi­gen Beschrei­bun­gen deu­ten eine wich­tige Gemein­sam­keit an, die den Zugang zusätz­lich erschwert: fast alle Sto­rys set­zen zumin­dest solide Kennt­nisse von V:TR vor­aus, die über all­ge­meine Grund­la­gen hin­aus­ge­hen. Jene typi­schen, erklä­ren­den Ein­schübe, in denen der Kon­text umris­sen wird, feh­len fast zur Gänze. Viele der Andeu­tun­gen, Bezüge, Figu­ren wird nur ein­zu­ord­nen und zu wür­di­gen wis­sen, wer die Spiel­welt bereits gut kennt.

Preis-/Leistungsverhältnis

Grund­lage die­ser Rezen­sion ist die PDF-Version des Buchs. Mit 4,99 USD für 154 Sei­ten liegt der Preis für das Ebook (immer­hin in 3 For­ma­ten) noch im übli­chen Ver­hält­nis zu den Prei­sen von mass-market paper­backs. Vor dem Hin­ter­grund, dass es sich an ein spe­zi­el­les Publi­kum rich­tet, erscheint er mir zwar nicht güns­tig, aber fair.

Strix Chronicle CoverErschei­nungs­bild

Das Titel­bild mag mit den Covern vie­ler Quel­len­bü­cher qua­li­ta­tiv nicht mit­hal­ten könn­ten, trans­por­tiert aber die Stim­mung, die das Buch ein­fan­gen will. Die ein­zel­nen Sto­rys wer­den von Schä­del­sym­bo­len und Titel­bal­ken getrennt – das ist hübsch anzu­schauen, für mich als Leser haben diese äuße­ren Fak­to­ren jedoch keine nen­nens­werte Rolle gespielt.

Fazit

Wäh­rend frü­here White-Wolf–Romane zumeist auch den unbe­darf­ten Leser im Blick hat­ten, lässt die Strix Chro­ni­cle Antho­logy ihn kon­se­quent zurück. Das Buch rich­tete sich an Fans, ohne Anstal­ten zu machen, den weni­ger vor­ge­bil­de­ten Leser mit ins Boot zu holen. Für einen erzählerisch-einführenden Aus­flug in die Requiem–Welt blei­ben der gelun­gene Roman A hun­ger like fire und seine Nach­fol­ge­bände erste Wahl. Wer aber dem Pfad von V:TR bis in die Gegen­wart gefolgt ist, wird trotz (natür­lich) schwan­ken­der Qua­li­tät der Geschich­ten in der Antho­lo­gie wahr­schein­lich viel Anspre­chen­des fin­den. Das betrifft nicht nur ein Wie­der­se­hen mit eini­gen aus ande­rem Zusam­men­hang bekann­ten Figuren.

Wo sich der Inhalt nach den Para­me­tern einer Spiel­welt rich­tet, sollte man zwar kei­nen hohen lite­ra­ri­schen Anspruch suchen, die­ses Stück gaming fic­tion im enge­ren Sinne nutzt jedoch seine Aus­gangs­po­si­tion, um tie­fer in die Spiel­welt ein­zu­drin­gen und sie ver­stärkt zu nut­zen (nutzt um zu nut­zen – viel­leicht noch­mal umschrei­ben, den Satz?). Den bes­se­ren Geschich­ten gelingt es, ein Requiem–Uni­ver­sum unter den Schwin­gen der Eulen mit einem kla­ren Bild der Atmo­sphäre und der durch sie ent­ste­hen­den Dyna­mik fühl­bar zu machen. Sie illus­trie­ren eine Welt, die geheim­nis­vol­ler und bedroh­li­cher gewor­den ist. Die poli­ti­schen Intri­gen der Vam­pire spie­len nicht (mehr) die allei­nige Haupt­rolle, kön­nen aber in Wech­sel­wir­kung mit die­ser Gefahr unheil­volle Kon­se­quen­zen haben.

Das Buch setzt jenen Weg fort, den die stär­ker story-orientierten Bücher seit ca. 2007 ein­ge­schla­gen haben: auch mit den Strix bleibt das Geheimnisvoll-Rätselhafte im Fokus. Durch Beto­nung des Mys­te­riö­sen weicht die latente Ste­ri­li­tät des Bau­kas­tens inten­si­ve­rer Stimmung.

Der melancholisch-bedächtige Anstrich etli­cher frü­her V:TR–Bände scheint zudem in eine düs­te­rere und bru­ta­lere Atmo­sphäre über­zu­ge­hen. Der Druck der omni­prä­sen­ten, schwer greif­ba­ren Gefahr erzeugt zwi­schen den Vam­pi­ren eine Atmo­sphäre, die von Para­noia und laten­ter Feind­se­lig­keit gekenn­zeich­net ist. Damit wirkt ihre Schat­ten­welt nicht nur dyna­mi­scher; ich habe den Ein­druck, als sei die Schwelle zur gewalt­tä­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zung spür­bar gesun­ken. Die alarm­be­rei­ten Vam­pire im Schat­ten der Strix bli­cken häu­fig wach­sam über ihre Schul­tern und schei­nen schnell bereit, dras­ti­sche Maß­nah­men zu ergreifen.

In der Grund­ten­denz zei­gen die Sto­ries ein Requiem–Uni­ver­sum, das nicht in sei­nen grund­le­gen­den Facet­ten ver­än­dert ist, jedoch beson­de­ren Drall und Rich­tung erhal­ten hat. An die­ser Stelle bin ich auch ein klein wenig ent­täuscht. Die Antho­lo­gie fokus­siert das grund­sätz­lich Vor­han­dene, eine Wei­ter­ent­wick­lung der Spiel­welt mit neuen Ele­men­ten lässt sich jedoch nicht erken­nen. In der Sache zeigt sich wenig, was nicht schon von der Strix–Blau­pause in The wicked Dead skiz­ziert und vor­weg­ge­nom­men wor­den wäre.

Als vorab ver­öf­fent­lich­tes Begleit­buch zu Blood & Smoke bie­tet die Antho­lo­gie das ent­spre­chende Kopf­kino, um die Atmo­sphäre des neuen Regel­bu­ches auf­zu­neh­men und sei­nen Hin­ter­grund in Aktion zu erle­ben. Die Figu­ren, Situa­tio­nen und Hand­lungs­ele­mente der bes­se­ren Geschich­ten ent­hal­ten eini­ges an inspi­rie­ren­dem Mate­rial, dass den Weg an den Spiel­tisch fin­den könnte.



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